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Die DADA-Bewegung


Schematische Zeichnung für komplexe Denkvorgänge
Xenokonvergenz- eine schematische Ansicht von multiplexen Gedankenlinien

Ende 1914 wird die Mobilmachung verkündet: Der Anfang des ersten Weltkrieges steht vor der Tür. Ein Krieg, bei welchem auch die Zivilbevölkerung erhebliche Verluste hinnehmen wird. Zwei Jahre später erfolgt die Schlacht von Verdun, ein sinnloses Unternehmen, dem unzählige Soldaten, durch eine hoch entwickelte Kriegsmaschinerie, die den Menschen weitgehend ersetzt hat (und damit auch vernichtet hat), zum Opfer fallen.

 

1917 ereignet sich die Bolschewistische Revolution, die die Gründung der UdSSR herbeiführt. Ein Jahr später wird de deutsche Kaiser ins Exil geschickt – der Beginn der Weimarer Republik. Im gleichen Jahr findet man Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, beide Begründer des Spartakusbundes, ermordet im Landwehrkanal auf.

 

Putschversuche und Aufstände in Deutschland, Italien, Irland, Straßenschlachten und Hungersnöte, Demonstration und Elend, Schiebertum und Landflucht prägen die Zeit zwischen 1913 und 1918. Das gesamt-europäische Bild hat sich zu seinen Ungunsten verändert – nicht zuletzt durch die sich damals neu etablierende Technologie, die einen erheblichen Einfluss auf das Zeitgeschehen (insbesondere den krieg und die Industrie) – ausgeübt hat.

 

Mitten in dieser Zeit macht sich Dada auf der neutralen Insel Schweiz als Antwort auf den kulturellen Bruch bemerkbar. Die ersten dadaistischen Gehversuche finden in Zürich statt, wo sich zu diesem Zeitpunkt eine intellektuelle Emigrantengruppe verschiedenster Herkunft, gekennzeichnet u.a. von den Ausmaßen der Materialschlacht, niedergelassen hat.

 

Im Februar 1916 etabliert sich im Cabaret Voltaire durch Hugo Ball und Tristan Tzara die dadaistische Vereinigung, als eine Art von verneinender Weltanschauung, sahen sie sich zur Auseinandersetzung gegen akademisch-dogmatische Kleinbürgerideologien und zur Revolte gegen die Konzepte der Kunst und Literatur, die zu dieser Zeit allgemein verbindlich waren, herausgefordert.

 

Die Bezeichnung Dada und dessen Herkunft ergaben sich ganz zufällig: Wie es heißt, wurde er beim Herumblättern in einem deutsch-französischen Wörterbuch gefunden. Einige Erklärungen hierzu: Im Französischen heißt es soviel wie Steckenpferd, in einigen slawischen Sprachen soviel wie „ja-ja“, man kann es aber auch mit schwarz-afrikanischen Lauten in Verbindung bringen.

 

Doch nicht nur bei der Namensgebung stand das Prinzip des Zufalls Pate, sondern es war auch grundsätzliches Merkmal und Wesenselement für den Dadaismus und seine Erscheinungsformen wie Kunst, Poesie, Musik, Philosophie. Hierzu schreibt der Dada-Philosoph Hans Richter: „Die Schlussfolgerung, die Dada daraus zog, war, den Zufall als neues Stimulans anzuerkennen. Dieses Erlebnis war so erschütternd, dass man es sehr wohl als das eigentliche Zentral-Erlebnis von Dada bezeichnen kann, welches Dada von allen vorhergehenden Kunstrichtungen unterscheidet. (…) Der Zufall wurde unser Markenzeichnen. Wir folgten der Richtung, die er angab, (…) Uns erschien der Zufall als eine magische Prozedur, mit der man sich über die Barriere der Kausalität, der bewussten Willensäußerung hinweg setzen konnte, mit der das innere Ohr und Auge geschärft wurden, bis neue Gedanken und Erlebnisreihen auftauchten. (…) Dieses bewusste Ausbrechen aus der Rationalität mag auch die plötzliche aufbrechende Mannigfaltigkeit der Kunstformen und Materialien erklären, die in Dada Verwendung fanden.

 

Kurt Schwitters, Marcel Janco und Francis Picabia integrierten den Zufall als neues Reiz- und ausdrucksmittel, indem sie zufällig gefundene, von Gebrauch entwertete Materialien in ihre Collagen und Assemblagen mit aufnahmen oder einbauten. Dabei werden die objets trouvés nicht nur ihrem gewohnten Rahmen entzogen, sie verlieren außerdem ihre ursprüngliche Bedeutung und erfahren eine Ver- bzw. Entfremdung in der bildnerischen Komposition, zu derem wichtigen Element sie werden. In diesem Kontext assoziiert das Material trotz allem noch den ursprünglichen Zusammenhang, aus dem es entstammt: Allgemein gesehen ist das aber nur die bloße Erinnerung an Abfall und Müll des konsumorientierten Zeitalters und seiner materiell eingestellten Gesellschaft.

 

Ebenfalls wie Schwitters entreißt auch Marcel Duchamp seine ready-mades, seine schon vorgefertigten Objekte aus ihrem alltäglichen Kontext heraus und erklärt sie als Kunstwerke, indem er sie in Ausstellungsräumen als signierte Objekte präsentiert, welche sich in hohem Maße gegen das geordnete, harmonisch-bildnerische Ausdrucksmittel und gegen die herkömmliche Definition von Ästhetik wendet. Der künstlerische Akt liegt nicht, wie gehabt, in seinem Verarbeitungsvorgang und in der künstlerisch-materiellen Verwandlung, sondern einzig und allein in dem Moment des Findens und des Auswählens. Das unveränderte Massenprodukt, der bedeutungslose, weil profane Gegenstand, in seiner vereinzelten Darstellung mit einer Aura ausgestattet, die sonst nur einem Originalgemälde vorbehalten war. Der Gegenstand behauptet nun, Abbild zu sein, das allenfalls in der Malerei Ausgangsmedium für ein Abbild zur Wirklichkeit war. Das ready-made tritt zum Kampf gegen den formal-inhaltlichen Mythos der Kunst an: Es wertet sich selbst auf bzw. wertet die traditionellen Schaubilder der Kunstmuseen ab.

 

Duchamps Bemühungen hierbei bestanden darin, veraltete Gewohnheiten in unseren Sehweisen und Wertungen aufzubrechen und die dogmatischen Prinzipien hinter der scheinbar geordneten Zivilisationswelt zu entlarven, um den Blickwinkel und die Erfahrungshorizonte auszuweiten und um uns von kulturellen Normen zu befreien. Es lässt sich nun darüber spekulieren, ob dieser Effekt bei einigen Betrachtern eingetreten ist, Fakt ist es hingegen, dass Duchamps ready-mades bei der breiten Masse für Verwirrung, Ablehnung und sogar für Verbannung aus den Museen gesorgt hat, welchen Vorgang einige Dadaisten sogar begrüßten: Denn je polemischer, je entsetzter die Reaktionen des Publikums waren, desto höher schätzte man sie. Dada wollte Provokation.

 

Die destruktive Tendenz, die mit den Dadaisten einherging, richtete sich vor allem gegen alle herkömmlichen, staatlichen sowie kirchlichen Hierarchien, die Verachtung traditioneller Wertbegriffe, was Kunst und Ästhetik sei und vor allem gegen die akademische Malerei, die Illusion statt Natur und wirkliches Leben vorgaukelt. Man wendet sich von der Objektivierung, um zum Subjekt, zur Natur des Menschen und zum Ursprung zurückzukehren.

 

In diesem Sinne ist die Dada-Kunstzerstörung zugleich Kunstregeneration (wie Duchamps Intentionen beweisen), dessen Weg nur dahin führt, wenn man den Zufall der Natur akzeptiert und formales Denken ablehnt. Deshalb lässt sich sagen, dass Dada keine herkömmliche Kunstrichtung, sondern vielmehr eine Weltanschauung ist, welche sich anarchistisch und nihilistisch darstellt.

 

Das einziges Gesetz hierbei ist der antibürgerliche und antidogmatische Geist; einzige Methode: die gewollte Provokation um des Skandals willen.

 

Dass Dada keine homogenisierte Künstlergruppe mit einheitlichem Stilverlangen und feststehenden Regelns ist, dürfte nun eindeutig sein: Dada ist eine internationale Bewegung, als Ausmaß seiner antidogmatischen Einstellung, das beweist die Vielfalt und Flexibilität seiner Ausdrucksformen wie z.B. die Erscheinung des Dada in vielen Orten auf der gesamten Welt, dessen Nachwehen die moderne Kunst des 20. Jahrhunderts in entscheidendem Maße geprägt hat und noch immer prägt.

 

 

VIVE DADA!

 

Noch eine Erscheinungsform der dadaistischen Kunst:

 

Während die New Yorker Dada-Gruppe unter Duchamp die Bewusstseinskrise der modernen Kunst analysierte, bezieht sich der Berlin-Dada auf die generelle Krise der Zeitepoche und der europäischen Kultur. Die Berliner Dada-Künstler neigen dadurch wesentlicher zu sozialkritischen und zu politisch-anarchistischen Standpunkten. Wichtigster Vertreter ist hierbei George Grosz. Er entlarvte und analysierte mit seinen Grafiken den Militarismus und den ausbeuterischen Kapitalismus des vornazistischen Deutschlands. Mit ihm veränderte die Dada-Revolte Stil und Aktionsfeld. Er suchte seine Ausdrucksformen in der realistischen Zeichnung, in welchen er gesellschaftliche Probleme formuliert und auf den Punkt bringt. In ihnen drücken sich keine individuellen Probleme aus, sondern die Konkretisierung und Skepsis gegenüber gesellschaftlichen Ereignissen.

 

 

Wer ist DADA !??!

 

Johannes Baader – der Ober-Dada

Richard Huelsenbeck

Hans Arp

Hugo Ball

Tristan Tzara

Raoul Hausmann

Hannah Hoech

Max Ernst

Marcel Duchamps